Während Long Covid immer mehr Menschen betrifft, hinken Forschung und die Regierung mit entsprechenden Maßnahmen hinterher. Wir fordern – wie auch Betroffene vom Verein „Long Covid Austria“ – einen Aktionsplan von der Regierung ein. Dazu gehören u.a. der Ausbau von Reha-Plätzen und die Anerkennung von Covid-19 als Berufskrankheit.
Zwischen 10 und 20 Prozent aller Infizierten leiden laut internationalen Studien an den Langzeitfolgen einer COVID-19-Infektion, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind. In Österreich sind bereits zwischen 170.000 und 340.000 Menschen – davon rund 110.000 bis 220.000 im erwerbsfähigen Alter – von Langzeitsymptomen wie Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit, Kopfschmerzen oder Atembeschwerden betroffen. Und das monatelang nach einer überstandenen Corona-Infektion. Aber: Nur 60.000 Menschen haben auch eine entsprechende Long Covid-Diagnose.
In einem Pressegespräch mit unserem Volksanwaltschaftssprecher Rudolf Silvan und unserer Frauenvorsitzenden und Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner erzählten Maarte Preller, Gründerin und Leiterin des Vereins „Long Covid Austria“, und Alexa Stephanou, eine weitere Vertreterin des Vereins, von ihren persönlichen Erfahrungen mit der Krankheit. Beide waren im März 2020 mit Corona infiziert und leiden fast zwei Jahre später noch immer unter den Langzeitfolgen.
Long Covid als (Berufs-)Krankheit anerkennen
Ein Geschirrspüler, der ausgeräumt gehört, „kann schon mal eine Aufgabe von 2-3 Tagen sein, weil man es einfach nicht schafft, weil es Tage gibt, an denen man schlicht nicht aus dem Bett aufkommt“, erzählt Stephanou. Oft konfrontiert mit Sätzen wie „Aber du siehst doch gesund aus“, bringt sie das Problem einer „unsichtbaren Krankheit“, wie sie es nennt, auf den Punkt: „Ich würde einmal gerne so krank aussehen, wie ich mich fühle.“ Sie fühlte sich gewissermaßen in einem dauerhaften „körperlichen Lockdown“.
„Um gesund zu werden, muss man auch krank sein dürfen“, schildert Preller und verlangt damit eine angemessene Anerkennung der Krankheit Long Covid. Helfen würde hier oft schlichtweg nur Zeit. Derzeit müsse man als Betroffene einen ständigen bürokratischen Spießroutenlauf vollziehen. Dieser beginnt beim Krankenstand und den daraus bestehenden, wenn auch teilweise unzureichenden, Ansprüchen auf Krankengeld und setzt sich dann ewig fort.
Unser Volksanwaltschaftssprecher Rudolf Silvan hat dieses Problem bereits aufgegriffen und eine Petition gestartet, mit der die Anerkennung von Long Covid als Berufskrankheit in allen Berufsbranchen gefordert wird. Das ist zurzeit in Österreich nur eingeschränkt auf Beschäftigte in Gesundheitswesen oder Schulen möglich. Die Anerkennung als Berufskrankheit hat für Betroffene den Vorteil, dass nicht nur Reha-Maßnahmen ergriffen werden, sondern auch eventuell notwendige Umschulungen ermöglicht werden oder bei verminderter Erwerbsfähigkeit eine Rente bezahlt wird.
Regierung untätig
Vor über einem Jahr hatten Maarte Preller und Alexa Stephanou mit ihrem Verein einen Termin im Gesundheitsministerium, wo sie eine lange Liste an Forderungen präsentiert haben. Vor kurzem, also über ein Jahr später, gab es einen Folgetermin, bei dem dieselbe Liste vorgetragen werden musste, da seither nichts geschehen ist. Für unsere Frauenvorsitzende ist die Untätigkeit von Gesundheitsminister Mückstein „gleichsam eine Bankrotterklärung der türkis-grünen Sozialpolitik“.
Long Covid-Aktionsplan gefordert
Auch wir haben im Parlament bereits mehrfach Initiativen zu Long Covid eingebracht, bisher wurden von der Regierung aber alle Anträge abgelehnt oder vertagt. Doch wir lassen nicht locker und fordern einen Long Covid-Aktionsplan. Dieser umfasst:
- Ausbau spezialisierter Therapie- und Reha-Plätze
- Eröffnung von Anlaufstellen für Betroffene
- Anerkennung von Covid und Long Covid als Berufskrankheit (umfassend und ohne Ausnahmen) und damit klare arbeits- und sozialrechtliche Regeln bei Ansteckung am Arbeitsplatz
- Interdisziplinäre Erforschung von Long Covid: Der Bund muss begleitende Studien und Forschungen anstoßen und finanzieren, die Betroffenheit von Frauen und Kindern muss besonders erforscht werden
- Einbeziehung Betroffener und von Expert*innen in sämtliche Fragen des Umgangs mit Long Covid, insbesondere die Evaluierung des Leitfadens für Ärzt*innen
- Informationsoffensive des Bundes