Die von der Regierung groß angekündigte und nun präsentierte „ökosoziale Steuerreform“ ist für unsere Vorsitzende, Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner „eine vergebene Chance“: Sie ist weder sozial noch ökologisch und kommt für die Menschen viel zu spät.
Die Steuerreform bringt kleinen und mittleren Einkommen kaum etwas. „Die Regierung behauptet, die Reform sei ein Steuergeschenk an die arbeitenden Menschen. Doch wenn man genau hinschaut, sieht man: Es ist eigentlich nur eine Steuerrückzahlung an die Menschen, die das in den letzten Jahren durch die kalte Progression – die schleichende Steuererhöhung – in den Steuertopf zusätzlich eingezahlt haben“, sagt Rendi-Wagner auf PULS24. Für sie ist klar: Statt einer Steuerrückzahlung braucht es mehr Geld für die Menschen – um sie zu entlasten, um die Kaufkraft zu stärken und die Wirtschaft anzukurbeln. Gleichzeitig erhalten wenige Großunternehmen – die bereits mehr als 20 Mrd. Euro Corona-Hilfen erhalten haben – mit der Senkung der Körperschaftssteuer ein Steuergeschenk in Milliardenhöhe. „Das ist nicht gerecht!“, bringt es Rendi-Wagner auf den Punkt.
Wenig Gewinner, viele Verlierer
Dazu kommt: Bei kleinen und mittleren Einkommen kommt die Steuersenkung kaum oder sogar gar nicht an. Erst für Gutverdienende wird sie wirklich spürbar – die soziale Schieflage verschärft sich. „Es zeigt sich bereits, wer die Gewinner und wer die Verlierer dieser Steuerreform sind“, sagte Rendi-Wagner in der ZIB2: „Und da gibt es sehr wenige Gewinner: zum einen die fünf Prozent der arbeitenden Menschen, die mehr als 5.000 Euro brutto im Monat verdienen, die haben das meiste aus der Lohnsteuersenkung, die haben auch das meiste vom Familienbonus; und die zweiten großen Gewinner, das sind fünf Prozent der allergrößten Konzerne in Österreich. Und es gibt sehr, sehr viele Verlierer: Das sind die Geringverdienerinnen und -verdiener, aber vor allem der große Mittelstand.“
Menschen brauchen jetzt mehr Geld!
Für Rendi-Wagner ist außerdem klar: Die Steuerreform kommt viel zu spät bei den Menschen an: „Mitten in der Corona-Krise wäre es vernünftig und dringend notwendig gewesen, das nicht erst nächstes, übernächstes Jahr zu machen, sondern so schnell wie möglich!“ Die Menschen brauchen schon früher eine echte und ehrliche Entlastung. Denn die Teuerung – die Kosten für Einkauf, Miete, Energie – ist in Österreich auf Rekordhoch. Und die Preise für Strom und Gas ziehen vor dem Winter noch einmal kräftig an. „Die Menschen brauchen jetzt das Geld!“, stellt Rendi-Wagner klar. Sie fordert daher: Die Steuerreform soll bereits rückwirkend mit 1. Juli 2021 gelten, „damit die Menschen schon heuer etwas davon haben.“ Wir schlagen außerdem eine Teuerungsbremse vor, um den explodierenden Kosten für Miete und Energie Einhalt zu gebieten.
CO2-Steuer muss sozial verträglich sein
Die Klimafrage ist dringlich, sie ist aber auch eine drängende soziale Frage. Die SPÖ steht grundsätzlich zu einer CO2-Bepreisung, aber diese muss sozial verträglich sein. Das ist bei der türkis-grünen Steuerreform nicht der Fall, wenn die CO2-Bepreisung einfach an Mieter*innen und Pendler*innen weitergegeben wird bzw. der Klima-Bonus nur von regionalen Kriterien abhängig gemacht wird. „Die CO2-Steuer greift ja nicht nur beim Verkehr, sondern sie greift bei einer zweiten Komponente, nämlich beim Heizen, bei den Öl- und Gasheizungen, die ja auch teurer werden, wenn sie CO2-bepreist sind.“ Viele Mieterinnen und Mieter etwa in Wien wohnen in alten Wohnungen mit Öl- und Gasheizungen. „Die werden jetzt, nach den Plänen der Regierung, belastet mit einer CO2-Steuer, aber weil sie in der Stadt wohnen, bekommen sie nur ungefähr die Hälfte des Klimabonus gegenüber anderen, die am Land wohnen. Wo ist die Gerechtigkeit?“, fragt Rendi-Wagner. Wir sagen: Für die Heizform etwa ist der Vermieter verantwortlich, nicht der Mieter, der es sich nicht aussuchen kann, ob er mit Öl, Gas oder Fernwärme heizt. „Und eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern, die aufs Auto angewiesen ist, die wird sehr wohl von einem CO2-Preis, der nicht gut sozial abgefedert ist, existenziell samt ihrer Kinder bedroht sein.“
Pakt aufschnüren
Unsere Vorsitzende unterstützt die Forderung von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, das unsoziale und ungerechte Steuerreformpaket aufzuschnüren. „Ich denke, die Bundesregierung wäre gut beraten, dieses Paket aufzumachen, sich mit den Beteiligten, mit den Betroffenen, mit den Ländern und mit den Expertinnen und Experten an den Tisch zu setzen und ein sozial verträgliches Paket zu schnüren, ein Paket, das den Menschen jetzt in der Zeit der Teuerung mehr Geld in die Hand gibt.“
Unsere Hauptkritikpunkte an der türkis-grünen Steuerreform im Überblick:
- Hauptprofiteure der Steuersenkung sind Großkonzerne und türkise Großspender. Steuergeschenke gibt es für jene Großunternehmen, die schon in der Corona-Krise besonders stark gefördert wurden.
- Von der Senkung der Steuerstufen profitieren Einkommen erst ab 18.000 Euro jährlich. Je mehr jemand verdient, umso höher die Steuersenkung. Doch auch hier gilt zu bedenken, dass sich Arbeitnehmer*innen ihre Entlastung durch die kalte Progression bereits selbst finanziert haben.
- Geringverdiener*innen profitieren von der Senkung der Steuerstufen nicht. Betroffen sind vor allem Frauen, Studierende und Alleinerziehende. Sie leiden auch besonders unter der aktuellen Teuerungswelle.
- Finanzierungsmodell für Zukunftsinvestitionen fehlen völlig. Kein Geld für Bildung, Gesundheit und Pflege lassen Privatisierungen und Sozialabbau befürchten.
- Die Steuerreform ist nicht gegenfinanziert. Woher das Geld für die Steuergeschenke für Konzerne kommt, ist völlig unklar. Auch hier ist zu befürchten, dass Arbeitnehmer*innen die Kosten tragen müssen.
Was wir besser gemacht hätten:
- Keine Steuergeschenke für Großkonzerne und türkise Großspender.
- Stattdessen: Eine sozial gerechte Reform der Einkommenssteuer mit den ersten 1.700 Euro steuerfrei. Davon würden ALLE profitieren, die Einkommenssteuer zahlen.
- Darüber hinaus Unterstützung für jene, die besonders unter der aktuellen Teuerungswelle leiden: Halbierung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas sowie ein 300-Euro-Winterzuschuss für niedrige Haushaltseinkommen.
- Echter sozialer Öko-Bonus, der nicht nur davon abhängt, wo man wohnt.
- Ausreichende Finanzierung von Bildung, Gesundheit und Pflege, um den Pflegenotstand zu bekämpfen.
- Gegenfinanzierung der Steuerreform durch gerechte Abgaben auf Millionenvermögen und Millionenerbschaften sowie Einführung einer Solidarabgabe für Online-Multis.
VIDEO: Rendi-Wagner bei „PULS24“: „Die Steuerreform ist lediglich eine Steuerrückzahlung an die arbeitende Bevölkerung.“
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