Klub.Info 30.6.2020 | Anlass der Nationalrats-Sondersitzung am Dienstag war die Senkung der Mehrwertsteuer, die zwar grundsätzlich positiv ist, in der Regierungs-Version allerdings einige Schwächen hat. Dafür konnte sich die SPÖ im Sinne der Preissicherheit für die KonsumentInnen durchsetzen.
Ebenfalls im Parlament am Dienstag: Eine Erklärung von Verteidigungsministerin Tanner. Tanner hatte vor einigen Tagen mit einem Pfusch-Konzept für das Bundesheer versucht, vom Auftritt von Kanzler Kurz im Untersuchungsausschuss abzulenken. Der Plan ging nicht auf: Sowohl der Kurz-Auftritt im Ibiza-Ausschuss als auch Tanners unausgegorene Ideen für das Heer verursachten breite Kritik und negative Schlagzeilen.
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Echte Hilfe für Klein- und Mittelbetriebe statt Millionengeschenke für Multis
Die befristete Mehrwertsteuer-Senkung für Gastronomie, Medien und Kultur, wie sie die Regierung vorgeschlagen hat, hat massive Schwächen: Große Konzerne wie McDonalds und Amazon profitieren am meisten, die Regelung ist extrem bürokratisch und möglicherweise gegen EU-Recht. Dann würden Steuernachzahlungen drohen.
Die SPÖ hat deshalb im Nationalrat Änderungen vorgeschlagen. Die wichtigste: Die Steuer-Rückerstattung für Wirte, Theater, Buchhändler etc. soll maximal 50.000 Euro betragen, das entspricht einer Mehrwertsteuer-Senkung bei 1 Mio. Euro Umsatz. Damit soll verhindert werden, dass Gastro-Riesen wie McDonalds oder Starbucks oder Online-Buchhändler wie Amazon die Haupt-Profiteure sind.
Außerdem soll die Genehmigung durch die EU abgewartet werden. Sonst müssen im schlimmsten Fall Wirte u.a. Millionen an Steuern zurückzahlen. ÖVP und Grüne stimmten wieder einmal gegen die Verbesserungsvorschläge.
SPÖ-Erfolg: Preiserhöhungen für KonsumentInnen verhindern
Durchsetzen konnte die SPÖ dafür einen gemeinsamen Antrag, der verhindert, dass die Preise steigen, wenn die befristete Senkung der Mehrwertsteuer mit Anfang 2021 wieder endet und die Mehrwertsteuer wieder auf das alte Niveau steigt. Die SPÖ warnte davor, dass es zu Preiserhöhungen kommen könnte, wenn man nicht rechtlich vorsorgt. Gelungen ist ein gemeinsamer SPÖ-Antrag mit den Regierungsparteien, der einstimmig beschlossen wurde.
Verteidigungsministerin pfuscht beim Bundesheer, um von ÖVP-Skandalen abzulenken
Die ÖVP steckt mitten im Ibiza-Sumpf und das soll aus den Schlagzeilen kommen – deshalb zauberte ÖVP-Verteidigungsministerin Tanner aus dem Nichts eine Radikalreform des Bundesheers aus dem Hut. Konzept gibt es keines, abgesprochen war es mit niemandem, nicht einmal mit dem Bundespräsidenten als Oberbefehlshaber.
Durchdacht waren die „Reform-Pläne“ offensichtlich nicht: Zuerst meinte Tanner, die Landesverteidigung soll nicht mehr Kernaufgabe des Heeres sein, dann ruderte sie zurück. Zuerst hieß es, es werden keine Kasernen geschlossen, am Tag danach sagt Tanner das Gegenteil.
Offensichtlich war: Die Bundesheer-Diskussion war geplant als Ablenkungsmanöver von den Problemen der ÖVP im Untersuchungsausschuss:
- Der Vorsitzende des U-Ausschusses, NR-Präsisdent Wolfgang Sobotka, steckt mitten in der Novomatic-Casinos Affäre.
- Der ehemalig Novomatic-Vorstand bestätigte Zahlungen an ÖVP-Vereine.
- Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft beklagt, in ihren Ermittlungen blockiert zu werden, sobald es um die ÖVP geht.
- Finanzminister Blümel hat sich im U-Ausschuss 86 Mal entschlagen und als Minister lächerlich gemacht.
- Kurz konnte im Ausschuss Gesetzesänderungen nicht erklären, die dem Wunschzettel seiner Großspender entsprachen.
Stv. Klubchef Jörg Leichtfried sagt: „Es ist ein Skandal, dass das Bundesheer von der Ministerin als Spielball benutzt wird, um vom Ibiza-U-Ausschuss abzulenken“.
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Kurz-Freund verrechnete weniger Steuern – Noch bevor Gesetz beschlossen wurde
Offenbar sind unter Türkis-Grün manche gleicher als andere – jedenfalls wenn sie Freunde von Kanzler Kurz und Finanzminister Blümel sind.
Der geringere Mehrwertsteuer-Satz von 5 Prozent u.a. für die Gastronomie gilt ab heute. Der Wiener Gastronom und Kurz- und Blümel-Intimus Martin Ho rechnete allerdings schon vor Wochen mit nur 5 Prozent Mehrwertsteuer.
Das zeigen zwei Rechnungen von 14. und 26. Juni von Hos Lokal „DOTS“ in Wien-Mariahilf, die SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter im Parlament präsentiere.
Matznetter, der die Sache aufdeckte, hat nun eine Sachverhaltsdarstellung an Finanzminister Blümel und eine parlamentarische Anfrage eingebracht. „Wenn am 15. August die verminderte Umsatzsteuer eingezahlt wird, würde eine Finanzstraftat vollendet werden“, sagt er. Und in Richtung Blümel: „Ich frage Sie, Herr Finanzminister: Gab es eine Sonderermächtigung für nette Bekannte des Bundeskanzlers, Begünstigungen im Vorgriff des Gesetzesbeschlusses zu erhalten?“
Scans der Orginal-Rechnungen und die parlamentarische Anfrage finden sich hier.
